Positionen

Samstag. 5.Oktober
17 Uhr
Hangar 21, Detmold

Anfangszeiten können sich im Laufe des Abends nach hinten verschieben!

POSITIONEN - Dreieck-Quartett (Weimar)
Im Mittelpunkt des Konzertes steht die gleichnamige Komposition von Thomas Nathan Krüger.
Die Satztitel seiner Positionen für Streichquartett beziehen sich auf historische Definitionen des
Kunstbegriffes von Platon, Kant oder Benjamin. Es sind mehrere sehr kurze Stücke von jeweils
kaum mehr als einer Minute Länge. Diesen kleinen Stücken wollen wir die Streichquartette
anderer Komponisten (Michael Quell, Johannes Hildebrandt, Jörg-Peter Mittmann, u.A.)
gegenüber stellen und ein ohne Unterbrechungen fortlaufendes Programm präsentieren.
Dreieck Quartett
Die Mitglieder des Dreieck Quartetts fanden in Weimar zusammen und engagieren sich seit vielen
Jahren für die Aufführung, Beauftragung und Wertschätzung Neuer Musik.
Gemeinsam als Streichquartett widmen sich die Musiker*innen aus Deutschland, Frankreich,
Belarus und Ecuador dieser bedeutendsten kammermusikalischen Gattung mit aller Leidenschaft
für zeitgenössische Musik. Gerade in der jüngeren Vergangenheit erlebt das Streichquartett eine
Renaissance und das vermehrte Interesse von Komponist*innen.
Das Ensemble ist davon überzeugt, dass die enge Kooperation mit Komponisten und
Komponistinnen für die Interpretation moderner Musik nötig ist und suchen daher den direkten
Kontakt zu ihnen, um ihre Werke überzeugend vermitteln zu können. Dabei experimentieren und
forschen sie auch nach neuer geräuschhafter Klanglichkeit wie auch nach neuen
Aufführungsformen.
Als Ensemble und Solist*innen sind sie regelmäßig auf wichtigen Konzertpodien und Festivals zu
Gast.

Violine - Nikita Geller
Violine - Stefan Zientek
Viola - Louise Denis-Nesprias
Violoncello - Daniel Gutiérrez

Programm
Thomas Nathan Krüger - Positionen (2008) (ca. 7 min.)
Jörg-Peter Mittmann - Landschaften der Seele (2000) (ca. 15 min.)
Michael Quell - response – kontraklang – (ou-)topos. Streichquartett Nr. 1 (2022) (ca. 13 min.)
Johannes K. Hildebrandt - Viereck (2018) (ca. 10 min.)

Komponisten - Werke
Johannes K. Hildebrandt
Johannes K. Hildebrandt wurde 1968 in Quedlinburg geboren, wuchs in Zeitz auf und studierte
Komposition (Karl Dietrich/Reinhard Wolschina) in Weimar. Sein Schaffen reicht von
Kammermusik, Chor- und Orchesterwerken bis hin zur Filmmusik. Gespielt wird seine Musik u. a. von der Staatskapelle Weimar,
dem Deutschen Filmorchester Babelsberg, dem Arditti Quartet, KNM-Berlin, oh-ton-Ensemble, Ensemble Mosaik, Ensemble via nova,
Ensemble Insomnio, Ensemble L'ART POUR L'ART, Ensemble Black Pencil, Art Ensemble NRW, AuditivVokal Dresden,
Lux:NM, Maulwerker, Sonar Quartett, Bärmann Trio, Carin Levine, Maria Löschner, Moritz Ernst u.a.
Er ist Preisträger verschiedener Wettbewerbe. Neben Rundfunkproduktionen gab es mehrere CD-
Veröffentlichungen. Hildebrandt ist auch als Pianist und Performer und in den letzten Jahren in der
bildenden Kunst aktiv. Er ist mehrfacher Stipendiat von Stiftung Kulturfonds und der Thüringer
Kulturstiftung.
1998 war er Mitbegründer des Landesverbands Thüringen im Deutschen Komponistenverband
und bis 2007 dessen Vorsitzender. Seit 2007 ist er Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Komponistenverbandes und Vorsitzender der Fachgruppe E-Musik (FEM) im DKV. 1994 gründete
er das Ensemble via nova, dessen künstlerischer Leiter er heute ist. Er ist
Gründungsinitiator und Intendant der Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische Musik und
Vorsitzender des via nova – zeitgenössische Musik in Thüringen e.V.
Viereck
Viereck beginnt mit zwei unabhängig voneinander stattfindenden Duetten. Jedes Duo inszeniert
mit einem kleinen, sehr begrenzten Tonmaterial seine eigene Welt. Im Verlauf des Stückes wird
dieses Material ausgetauscht, erweitert und es entstehen verschiedene neue Konstellationen. Erst
ganz am Ende findet das Quartett zu einem gemeinsamen Spiel, um dann doch gleich wieder
einzelne Wege zu gehen.
Jörg-Peter Mittmann
Landschaften der Seele
In meinem Streichquartett „Landschaften der Seele“ tritt die rein musikalische Formgebung
zurück gegenüber einer, wie ich es nennen möchte, „phänomenologischen“ Arbeitsweise.
Seelische Vorgänge in ihrer ganz eigenen Zeitlichkeit und Logik finden sich unmittelbar in
klangliche Gesten umgesetzt. Zwischen vordergründigen Emotionen und archetypischen
Gestalten inneren Erlebens öffnen sich komplexe Bewußtseinsräume, „Landschaften“, deren
Topologie mal eben, mal brüchig, mal verschlungen, mal planvoll anmutet. Nur erahnen läßt sich
die das Stück durchwirkende musikalische Struktur einer Passacaglia, basierend auf acht
Akkorden, die zu Beginn erscheinen. Mit der sukzessiven Zersetzung dieser „Oberfläche“ wird
eine Schicht freigelegt, in der sich klangliche und sprachlich-semantische Momente, basierend
auf einem Gedicht Paul Eluards, aufs engste miteinander verschränken.
Michael Quell
Geb. 1960, studierte 1981-85 an der Musikhochschule Frankfurt (klassische Gitarre bei Heinz
Teuchert, Dirigieren, Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Komposition) sowie Philosophie
und Theologie an der J. W. Goethe-Universität. Zugleich studierte er Komposition bei Hans-Ulrich
Engelmann und 1985-89 in der Meisterklasse bei Rolf Riehm. Weitere Studien u.a. bei Izhak Sadaj
(Paris, Tel Aviv). Michael Quell lebt als Komponist in Fulda und lehrt seit 2007 als Dozent für
Musiktheorie, Analyse und Ästhetik am musikwissenschaftlichen Institut der J. W. Goethe-
Universität Frankfurt. Gastvorträge an verschiedenen Hochschulen und Universitäten (Innsbruck,
Dresden, Würzburg, Pavia, Kiew, New York etc.).
Quell erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge und verschiedene Kompositionspreise.
Seine Werke wurden bei internationalen Festivals aufgeführt wie z.B. Festival de musique
Montreux/Vevey, Gaudeamus Musikwoche Amsterdam, Darmstädter Ferienkurse, Witten, Los
Angeles Chamber Music America Festival, Festival `the cutting edge`, New York City, Sound Ways Festival Sankt Petersburg.
Einen der Arbeitsschwerpunkte M. Quells stellt die Beschäftigung mit den Chancen und
Möglichkeiten der Komposition im interdisziplinären Dialog dar.
Veröffentlichungen bei Edition Gravis, Berlin und im TONOS-Musikverlag, Baden Baden, CD-
Aufnahmen (NEOS: 3 Portrait-CDs, Bayer, Dabringhaus etc.) sowie musikwissenschaftliche
Publikationen im Lit- und Wolke Verlag.
response – kontraklang – (ou-)topos. Streichquartett Nr. 1
Ende des vergangenen Jahres, als ich intensiv an meinem Konzept für ein neues Streichquartett
für das Ensemble New Babylon arbeitete, bestimmte ein astrophysikalisches Sujet ganz meine
(musikalische) Vorstellungswelt zu diesem Werk. Es waren die kosmischen Filamente, filigran und
zugleich multipel verzweigte Systeme, die wie groß angelegte, gewundene Fäden das Universum
über mehrere Milliarden Lichtjahre durchziehen und eine faszinierende, geheimnisvolle Art von
Metastruktur aus jeweils Milliarden Galaxien bilden.
Es waren die Tage und Wochen nach dem 24. Februar, dem Beginn des Angriffskrieges gegen die
Ukraine und all seinen Folgen, die mich bewogen, den bereits vollständig ausgearbeiteten Entwurf
beiseitezulegen und ein komplett neues Stück zu konzipieren. Dabei war es der radikale
Zivilisationsbruch und das damit einhergehende Grauen selbst, das mir diesen Schritt im Innern
erzwang, zugleich waren es aber auch die reflexartigen Zuckungen darauf in unserer eigenen
Gesellschaft, breite gesellschaftliche Konsense mit dem Neologismus „Zeitenwende“ weitgehend
unhinterfragt von heute auf morgen komplett hinwegzufegen mit dem Resultat einer neuen Logik
vermeintlicher `Stärke´, der das Potential des immer weiteren Auseinanderdriftens naturgemäß
inhärent ist.
Wenn sich mein Innerstes massiv verweigert, mich in diesen kollektiven Lärm äußerer,
vermeintlicher `Stärke gegen Stärke´ einzureihen, so entspringt diese Position keineswegs etwa
unreflektierter Naivität oder Realitätsverlust. Vielmehr versucht das Werk einen Gegenklang zu
entwerfen, eine (musikalische) Welt der Stille, der Einkehr, der Zurückgenommenheit, letztlich eine
Sprachlosigkeit, die zum Bekenntnis und damit wieder zur Sprache wird… wie der Nicht-Ort
(outopos), der letztlich doch auf gewisse Weise zu einem Ort (topos) wird.
So erweist sich die Perspektive der Komposition als ganz nach Innen gerichtet, in den Klang und
dessen maximale Varianzen hinein und in die intern multipel verästelten Strukturen. Dabei findet
die Faszination dieser unendlichen Innenwelt ihren Niederschlag auch und gerade in der
Dimension der Harmonik, die bis ins Feinste hinein differenziert wird und dabei sehr deutlich vom
3/8- und 5/8-Abstand geprägt ist, aber auch im Balancieren am Rande des Klangs, den fragilen
und zugleich unendlichen Raum zwischen Klang und Geräusch (Klang-Geräusch, Geräusch-
Klang) maximal auslotend.
Ist es gerade der flächig angelegte Werkbeginn, der besonders stark von dieser Introversion und
einer konsequenten Verweigerung gegenüber kammermusikalischer Interaktion gekennzeichnet
ist, so bricht sich diese im weiteren Verlauf zunehmend bahn, wie auch an zentralen Momenten
des Werks diese Innenwelt kurzzeitig ganz bewusst nach außen tritt.
Entwicklungsprozesse werden in Gang gesetzt, entfaltet, um dann an einem bestimmten Punkt
jäh abgebrochen zu werden und in eine völlig neue musikalisch-strukturelle Welt zu führen, die
dennoch aber hintergründig, im Verborgenen alle miteinander verzahnt sind.
Und natürlich schimmert hier der Gedanke an die kosmologischen Filamente, die als
makrostrukturelles Phänomen innerhalb des Universums dieses durchziehen, immer wieder
hindurch. Für mich, dessen Denken und dessen Vorstellungswelt sehr stark von der Welt der
Astro- und Teilchenphysik geprägt ist, ist ein solch faszinierendes Bild in seiner ganzen
existentiellen Dimension einfach nicht ganz abstreifbar.
Thomas Nathan Krüger
Thomas Nathan Krüger lebt und arbeitet als Komponist und Musiklehrer in Nordhausen. Er
studierte Komposition bei Michael Obst, Beat Furrer, Caspar Johannes Walter, Michael
Reudenbach und Martin Schüttler an den Musikhochschulen in Weimar, Graz und Stuttgart.
Neben solistischen und kammermusikalischen Werken schrieb er bereits Orchesterstücke für die
Staatskapelle Halle/Saale, das Stuttgarter Kammerorchester und das Sinfonieorchester Aachen.
Seine Musik erklingt auf internationalen Konzertpodien, gespielt von renommierten Klangkörpern
wie dem Minguet Quartett und dem ensemble recherche. Kompositionsaufträge erhielt er unter
anderem vom Südwestrundfunk.
Als Mitglied der Initiative für Neue Musik SUONO MOBILE und des Multimedialen
Improvisationsensembles Thüringen MIET+ widmet er sich der Aufführung experimenteller Musik.
Zu seinem Repertoire als Solist und Ensemblemusiker gehören Werke von Louis Andriessen,
Carola Bauckholt, Annesley Black, Johannes Kreidler, Michael Maierhof und Mathias Spahlinger.
Thomas Nathan Krüger war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie der
Kunststiftung Baden-Württemberg. Er war Lehrbeauftragter an der Staatlichen Hochschule für
Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und unterrichtet seit 2008 Kinder und Jugendliche im
Rahmen der Komponistenklasse Sachsen-Anhalt.
Positionen
Positionen besteht aus mehrere kurzen Sätzen. Die Satztitel beziehen sich auf historische
Definitionen des Kunstbegriffs durch Philosophen wie Platon, Kant und Benjamin. Positionen
versucht, diese ästhetischen Haltungen musikalisch zu deuten um dadurch zu einer eigenen
Interpretation des heutigen Kunstbegriffes zu gelangen.
Marta Kowalczuk

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Nuancen

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Klangrausch und Stille